
Interview mit Julie Curchod, Juniorin-Kaderreiterin aus der Westschweiz und Teilnehmerin der Junioren Europameisterschaft 2024 in Sardinien
Interview & Text: Jenny Commons, Véronique Curchod
Liebe Julie, vielen Dank, dass du meine heutige Interview-Partnerin bist, für das Projekt «Distanzreitsport.ch». Vielen Dank auch an Véronique, deine Mutter, für die Übersetzungsarbeit. Meine Französischkenntnisse lassen nämlich zu wünschen übrig ;-)
Im Oktober 2022 hast du in Fontainebleau (Frankreich) deinen ersten Distanzritt über 20 Kilometer bestritten. Ziemlich genau zwei Jahre später, im September 2024, bist du an der Europameisterschaft der Junioren in Sardinien, über 120 Kilometer geritten. Wie bist du zum Distanzreiten gekommen?
Meine Mutter hatte eine Wette mit mir abgeschlossen: ich musste «ihre» Disziplin- das Distanzreiten- in einem offiziellen Wettkampf ausprobieren und sie musste das gleiche machen mit «meiner» Disziplin, dem Springreiten. So sind wir mit Nuwaif, ihrem Europameisterschaftspferd, und mit einem anderen Pferd, Taïga, welches zuhause geboren ist, im Oktober 2022 nach Fontainebleau gefahren. Es war schon ein Abenteuer in sich, weil ich am Samstagnachmittag noch ein Springturnier hatte… wir mussten zurück nach Hause, alles umpacken, andere Pferde einladen und fast 7 Stunden fahren…mitten in der Nacht sind wir schlussendlich in Fontainebleau angekommen, haben kaum geschlafen und am Sonntag waren wir für 20 Km unterwegs. Es hat mir so gut gefallen, dass ich mich entschlossen habe, aktiv im Distanzreiten zu reiten.
Wenn man deine Resultate aufruft, sind auch viele erfolgreiche Einträge vom Springreiten, auf nationalem und internationalem Niveau, zu finden. Wie findest du die Balance, beide Disziplinen mit verschiedenen Pferden/Ponies auszuüben?
Es braucht gute Organisation… und Unterstützung von meinen Eltern, sowie von meinen Trainern, Laurent Mosti für das Distanzreiten, sowie Caroline Kirsch und Christian Tardy für das Springen. Die beiden Disziplinen sind sehr komplementär, aber so verschieden. Springen dauert sehr kurz, ist aber extrem intensiv. Distanzreiten ist das Gegenteil. Als Beispiel, letztes Jahr war ich 28 Tage in Springturniere aktiv… und nur zwei im Distanzreiten, über Distanzen von 120 Km. Springen hilft mir sehr, meine Technik fürs Distanzreiten zu verbessern. Und Distanzreiten hilft mir, unter anderem, die Physiologie von meinen Springpferden besser zu kennen.
Was gefällt dir besonders gut am Distanzreiten?
Ich liebe den Kontakt mit dem Pferd, in der Natur unterwegs zu sein, die Herausforderung. Jedes Rennen ist ein Abenteuer. Man muss sein Pferd gut kennen und gut fühlen, um erfolgreich zu sein.
Erzähle uns etwas über «Gasby de Sauveterre», das Pferd im Besitz von Véronique Curchod und der Familie Mosti, mit welchem du in Sardinien am Start warst.
Gasby ist das Pferd, mit dem ich fast allen meine Qualifikationen geritten bin. Es ist ein schönes Gefühl, meinen ersten 40 Kilometer-Ritt mit ihm gemacht zu haben und dann auch mit ihm in Sardinien gewesen zu sein. Er hat viel «Go», aber wird jetzt «vernünftiger». Ich habe mich in ihn verliebt, Gasby ist so hübsch und so anhänglich. Sein weisses Herz mitten auf der Stirn macht ihn speziell.
Deine Eltern, Véronique und Pierre-André, beide ebenfalls einstige internationale Distanzreiter, waren als Grooms in Sardinien dabei. Wie hast du die Europameisterschaft in Sardinien erlebt? Was hat dir da besonders gut gefallen?
Es war so ein tolles Gefühl, an dieser Europameisterschaft teilzunehmen. Mein Land zu repräsentieren war schon etwas Spezielles. Ich war in einer guten Gruppe unterwegs mit den Portugiesen. Ich war noch nie so schnell geritten, wie die letzte Runde. Gasby war einfach grossartig. Ich hätte nie gedacht, so eine gute Leistung erbringen zu können. Es war auch schön, diese Meisterschaft mit meinen Eltern zu erleben. Die Stimmung mit den anderen Reitern war grossartig.
An welchem Distanzritt möchtest du unbedingt gerne mal selbst mitreiten und warum?
Eigentlich weiss ich es nicht, weil ich einfach die Rennen noch nicht kenne. In CEI-Rennen war ich bis jetzt noch nie zweimal am gleichen Ort, was ich schön finde. So entdecke ich immer neue Orte.
Kürzlich warst du in Saint-Barthélémy-de-Vals (FRA) im CEIYJ1* (100km) mit einem zweiten Rang erfolgreich. Was sind deine Ziele für die Saison 2025?
Mein Hauptziel ist die Junioren-Weltmeisterschaft in Buftea im September. Da möchte ich eine gute Leistung erbringen. Ich werde auch an anderen Ritten teilnehmen dieses Jahr, damit Gasby und ich noch mehr Erfahrungen sammeln können. Ich bin schon sehr zufrieden mit dem Ritt in Saint-Barthélémy-de-Vals.
Erzähle uns von einem ganz speziellen Endurance-Moment, der dir immer in Erinnerung bleiben wird.
Ich glaube, ich werde mich immer an die letzte Schlaufe vom CEIYJ* in Saint-Barthélémy-de-Vals, dieses Jahr, erinnern. Weil der Start mit den Senioren stattgefunden hat - wir waren ungefähr 70 Reitern auf der Strecke - habe ich einfach mein Rennen gemacht, wie ich Gasby fühlte. Vor der letzten Schlaufe haben wir genauer geschaut, was ich für einen Zwischenrang hatte. Da ich nicht sehr weit hinter der ersten Juniorin war, haben Gasby und ich unser Bestes auf der letzten Schlaufe gegeben. Ich war noch nie so schnell (20,6 km/h) auf einer Schlaufe geritten. Der Boden am Schluss war nicht gut, so bin ich kein Risiko eingegangen und wir klassierten uns auf dem 2. Rang, nur 10 Sekunden nach der ersten Juniorin.
Wie verbringst du deine Zeit, wenn du nicht mit den Pferden unterwegs bist?
Ich studiere für das Gymnasium, verbringe Zeit mit meinen Freundinnen oder besuche Konzerte.
Was glaubst du – wie könnte man versuchen mehr Junioren für den Distanzreitsport zu begeistern?
Viele Reiter wissen einfach nicht, dass das Distanzreiten eine Disziplin ist. Die Springreiter haben zum Beispiel einfach keine Ahnung, was Das ist. Und haben noch nie davon gehört. Ich denke, man müsste mehr Werbung machen, damit sich Leute für diesen Sport interessieren. Dein Projekt «Distanzreitsport.ch» ist ein erster Schritt.
Als Abschluss-Frage, eine Frage, die ich allen Interview-Partnern stelle: «Was wünschst du dem (Schweizer) Distanzreitsport für die Zukunft?»
Ich wünsche, dass die Disziplin besser bekannt und erkannt wird.
Vielen Dank für deine Antworten und dass du dir die Zeit genommen hast!
Resultate CEI
03.2025 | Gasby du Sauveterre | St-Barthélémy-de-Vals (FRA) | CEIYJ1* (100km) | 17.27 km/h | 2. Rang |
09.2024 | Gasby du Sauveterre | Arborea, Sardinien (ITA) | EMJY2* (120km) | 17.56 km/h | 19. Rang |
04.2024 | Gasby du Sauveterre | Saumur (FRA) | CEIYJ2* (120km) | 15.95 km/h | 7. Rang |
11.2023 | Gasby du Sauveterre | Barbaste (FRA) | CEIYJ2* (120km) | FNR | |
09.2023 | Gasby du Sauveterre | Florac (FRA) | CEI1* (100km) | 14.63 km/h | 16. Rang |
08.2023 | Douchka Larzac | Monpazier (FRA) | CEI1* (100km) | 16.42 km/h | 39. Rang |