Jeanne Lehmann: ich liebe grosse Starterfelder!

Interview mit Jeanne Lehmann, Distanzreiterin, OK-Präsidentin, zweifaches Mami und Pensionsstall-Betreiberin

Interview & Text: Jenny Commons

 

Am Samstag, 12.04.2025, nach dem Veranstaltermorgen, setzten wir uns für das Interview auf die Wiese des Militarygarten im NPZ Bern



Liebe Jeanne, vielen Dank, dass du meine heutige Interview-Partnerin bist, für das Projekt «Distanzreitsport.ch».

 

In den letzten Jahren hast du viele verschieden Rollen rund um den Distanzreitsport wahrgenommen. Aber beginnen wir ganz von vorne – wie bist du zum Distanzreitsport gekommen?

Hauptsache durch Tabea, weil ich Partiba reiten durfte. Partiba war da ca. 3-4 Jahre alt und ich 13-14. In allen anderen Disziplinen waren wir nicht so begabt und waren auf der Suche nach Etwas, was uns beiden wirklich viel Spass macht. Da kam Tabea mit der Idee vom Start an einem Distanzritt. Und Partiba hatte viel Spass und zeigte viel Talent. Und dann sind wir weiter aufgestiegen durch die Qualis. Und wir haben einen Einsteigerkurs bei Vroni Münger absolviert.


2009 bist du am Freiämter Distanzritt in Merenschwand, unter dem OK von meiner Mutter und mir, zum ersten Mal gestartet. Magst du dich noch an den Ritt erinnern?

Ja! Der war wunderschön. Ich bin mit Renata Halbeisen geritten und ich war so geflasht von den wunderschönen Wegen. *lacht* Ich hatte nur noch die vielen tollen Sandwege im Kopf. Sie hat mir dann gesagt, dass nicht jeder Ritt auf so tolle Bodenverhältnisse zurückgreifen kann. Aber davon wollte ich in dem Moment Nichts hören. Ich war in einer anderen Welt *lacht*. 


In den darauffolgenden Jahren hast du die Qualis absolviert und bist mit der Shagya Araber Stute «Partiba», im Besitz von Tabea Stäubli-Kobel, bis CEI3* klassiert gewesen. Erzähle uns ein paar Stories zu den Distanzritten mit Partiba.

Sie ist charakterstark *lacht*, ein Müü kompliziert *lacht* aber man hat sich 100% auf sie verlassen können. Wenn es darum geht, hilft sie dir immer. Es gab Momente, wo ich nicht mehr konnte und müde war. Aber sie hat immer gezogen. Nicht nur an Distanzritten. An Patrouillenritte konnte sie kaum stillstehen, während man uns die Posten erklärt hat und war wie ein Agility Hund auf Zack, wenn’s los ging. Auch heute ist es ein «Heimkommen», wenn ich auf Partiba sitze. Sie ist jetzt 21 Jahre alt. Sie ist im Umgang manchmal anstrengend, hat uns aber sehr viel beigebracht, vor allem auch im Punkto Management an den Ritten *lacht*.

Partiba gehört inzwischen mir. Sie wurde mir zum 30.Geburtstag offiziell von Tabea geschenkt. 



Mit Partiba warst du an der Junioren-WM in Tarbes (Frankreich 2013), an der Junioren-EM in Verona (Italien 2014) und an der Elite EM in Brüssel (Belgien 2017). Tarbes und Brüssel konntet ihr erfolgreich beenden. Welches dieser drei Championate bleibt dir am meisten in Erinnerung und weshalb?

Die schwierigste Frage, die du mir heute stellst, da habe ich lange herum studiert. Keines dieser Championate hatte ein wirklich grosser positiver Eindruck auf mich hinterlassen. Tarbes war das Erste, die erste Konfrontation mit anderen «Sitten». Es war aufregend, spannend und wir hatten ein super Team und eine tolle Mitreiterin (Janine Bobsin mit Bagira). Die Siegerehrung war am Tag nach dem Ritt und JEDER wurde erwähnt, bis zum letzten Platz und erhielt eine Plakette und Ehrung und alle waren anwesend. Das war schon sehr schön. Verona war für uns nicht positiv, ich war sehr verkrampft in der ganzen Situation, alles war schwierig. Leider bemerkte ich nicht, dass Partiba kurz vor dem ersten Vet-Gate ein Eisen verlor.  Und Brüssel war toll mit Vroni zusammen zu reiten. Aber die Leistung wurde nicht wertgeschätzt vom Veranstalter, wenn man nicht vorne mitritt. Im Team waren wir auf Rang 4 und konnten damit zufrieden sein. Ich selbst möchte keine Championate mehr bestreiten.



Wer dich kennt weiss, dass ein Ausflug mit dir immer mit viel Spass und Gelächter einhergeht 😉 An welchem Distanzritt hattest du bisher am meisten Spass?

*lacht* Haha Jenny, da warst du dabei! 120km in Madine, Frankreich, wo wir viiiele Tage im Voraus angereist sind (am Dienstag – der Ritt war am Samstag!). Die ganze Woche war ein Erlebnis. Campieren im Zelt, bei scheisswetter im OKTOBER. Man darf sagen, das haben wir nie mehr so gemacht 😉 Das war 2012 und bis heute haben wir noch unsere Sprüche von dem Weekend, innerhalb unseres Teams. 

Spass ist wichtig! Ich bin immer sehr dankbar, dass mir jemand hilft (u.A. Grooms) und teile meine Freude. 



In den Jahren 2014, 2015, 2017 und 2018 warst du im OK des Distanzritt Wynigen. Nach einer Pause kamst du als OK-Präsidentin für den Distanzritt «zur Lüderenalp» zurück als Veranstalter. Start und Ziel ist euer Betrieb in Zollbrück. Wie ist es, zu Hause auf dem eigenen Hof einen Ritt zu veranstalten?

Easy *lacht* du hast alles vor Ort, du kennst die Leute, du weisst was wo ist, du kennst die Gemeinden, oder kennst jemand der jemanden kennt. Es macht vieles Einfacher. Und du hast die Maschinen vor Ort und musst weniger organisieren. Das war auch ein Grund wieso ich als OK Präsi zurückgekommen bin – um es einfacher zu gestalten. 


Die erste Durchführung des Distanzritt «zur Lüderenalp» in 2022 war nicht nur aufgrund der Strecke ein Abenteuer, sondern auch aus meteorologischer Sicht – es hat ordentlich geschneit. Was ging dir an diesem Morgen durch den Kopf, als du aufgestanden bist? Und was für Herausforderungen musstest du dich an diesem Tag stellen?

Wir sind um 2.30 Uhr mit dem Auto los und wollten die Markierung kontrollieren. Alle Markierungen waren weg. Wir waren auf der Lüderenalp um 3.15 Uhr im Schneesturm und haben kaum ein paar Meter weit gesehen. Man fragt sich dann «Wann ist der Moment, um eine Veranstaltung abzusagen, weil die ersten sind ja sicher bereits unterwegs hierhin?». Darum haben wir dann einfach weiter Strecke markiert *lacht*. Und später dachte ich: jetzt müssen wir’s wohl durchziehen. Abgesehen vom Wetter gab es nicht viele Herausforderungen. Und es brauchte an dem Tag nur sehr wenig Wasser. Die Reiter, die anreisten, nahmen die Situation zudem ziemlich gelassen. 



Auch die zweite Durchführung im Folgejahr war eine Herausforderung. Zwar kein Schnee aber viel Wind. Die dritte Durchführung war dafür wie aus dem Bilderbuch – der erste richtig warme Frühlingstag. Wird es den Distanzritt zur Lüderenalp in Zukunft wieder mal geben?

Ja auf jeden Fall. 


Dieses Jahr bist du im OK des Distanzritt Zauggenried. Wie kam es dazu und was habt ihr für uns geplant?

Wir wollten im Kanton Bern wieder mal einen grösseren Ritt mit höheren Prüfungen anbieten, da kommmt Lüdernalp leider nicht in Frage *lacht*. Dann haben wir eine Anlage gesucht, wo alles vorhanden ist. Es muss mit wenig Leuten gut bewältigbar sein. Der Mooshof in Zauggenried hat jedes Jahr diverse Veranstaltungen und deshalb ist diese Anlage dafür perfekt. 


Erzähl uns bitte etwas über deine Pferde und was du mit ihnen für Ziele hast.

Partiba (21, Shagya), trägt mich und meine Kinder hoffentlich noch lange Zeit durch die Gegend. Plausch haben, nicht mehr weit wegfahren, das hatte sie genug in ihrer Karriere. Die Zeit zusammen genissen.

Grace (10, Shagya) würde ich gerne bis international qualifizieren und im In- und Ausland starten, auch in grossen Startfeldern. Ich liebe grosse Startfelder!

Herkules (23, Shetty), der läuft KiDi Prüfungen und vielleicht wird er mal noch eingefahren.



Gibt es einen Distanzritt im In- oder Ausland, den du sehr gerne mal selbst (wieder) reiten möchtest? Und wenn ja, warum?

Die ich hier aufzähle gibt es nicht mehr: Saintes-Maries-de-la-Mer, Madine im Herbst. Aber gerne mal in Florac (wenn auch vielleicht nicht 160) oder Torgnon in Italien.


Mit deinem Mann Lukas und euren beiden Kindern, führt ihr einen Landwirtschaftsbetrieb und einen Aktivstall mit Pensionären. Wie kriegst du Familie, (Distanz-)reiten, Pensionsstall und OK-Präsidentin alles unter einen Hut?

Ich habe einen grossen Hut *lacht* nein im Ernst, ich mach es einfach. Ich habe viele gute Leute, die überall sehr viel mithelfen, egal bei welcher Idee ich habe. Ich habe wenig Leute im Umfeld die sagen, «das ist zuviel» oder «das geht nicht». Ich glaube das ist der Hauptgrund, wieso es funktioniert.



Am Kinderdistanzritt Rütihof im Oktober 2024 hatte deine älteste Tochter (3) ihre Premiere. Was glaubst du, werden deine beiden Töchter in deine Fussstapfen treten und auch mal Distanzreiterinnen werden?

Keine Ahnung. Ich hoffe das wissen sie noch nicht – sie sollen probieren was ihnen gefällt und selbst entscheiden. 


Was würdest du einem Neu-Einsteiger, für den ersten Distanzritt, als Tipp mit auf den Weg geben?

Wenn möglich einen Einsteigerkurs besuchen, die es ja so zahlreich gibt *lacht*. Bei einer Regionalgrupp anmelden und den Leuten Fragen stellen. Wichtig, zuerst das Reglement lesen. Dann einfach mal für einen Distanzritt anmelden und hingehen. Keine Angst haben, vor Ort Leute zu fragen. Einfach mal machen und Spass haben. 



Als Abschluss-Frage, eine Frage, die ich allen Interview-Partnern stelle: «Was wünschst du dem (Schweizer) Distanzreitsport für die Zukunft?»

Was uns wirklich guttun würde, ist der gesellschaftliche Zusammenhang und Spass wieder/weiter zu fördern. Und viele Veranstaltungen in der Schweiz! 


Vielen Dank Jeanne, für deine Antworten und dass du dir die Zeit genommen hast!

Resultate national (nur ab 2020), Stand 10.05.2025

05.2025 HG Kethara Grace CH Rumendingen DRF 12.77 km/h  
09.2024 HG Kethara Grace CH Lodrino EVG3 12.65 km/h 4. Rang
05.2024 HG Kethara Grace CH Affoltern a.A. DRF 12.88 km/h  
05.2023 Zaphira bin Ra'is CH Affoltern a.A. EVG1 12.44 km/h 26. Rang
09.2022 HG Kethara Grace CH Lägern EVG1 12.96 km/h 5. Rang
08.2022 HG Kethara Grace CH Oberstammheim EVG1 12.50 km/h 12. Rang
09.2020 Ophira des Charmes Lägern EVG1 11.59 km/h 16. Rang
07.2020 Partiba CH Oberstammheim EVG3 14.25 km/h 11. Rang

Resultate CEI

08.2017 Partiba CH Brüssel (BEL) EM CEI3* (160km) 14.52 km/h 33. Rang
04.2017 Partiba CH Babenhausen (GER) CEI3* (160km) 14.87 km/h 1. Rang
05.2016 Partiba CH Peaugres (FRA) CEI2* (120km) 13.53 km/h 9. Rang
04.2016 Partiba CH Fontainebleau (FRA) CEI1* (90km) 16.79 km/h 32. Rang
09.2015 Partiba CH Dielsdorf (SUI) CEIYJ1* (80km) 15.17 km/h 1. Rang
06.2015 O'Bajan Shirana P Weissenhorn (GER) CEI1* (90km) 17.26 km/h 9. Rang
04.2014 Partiba CH Weissenhorn (GER) CEI1* (90km) 14.32 km/h 3. Rang
07.2013 Partiba CH Tarbes (FRA) WMYJ CEI2* (120km) 14.32 km/h 42. Rang
05.2013 Nabea du Cavallon Eiken (SUI) CEI2* (120km) 13.66 km/h 6. Rang
03.2013 Partiba CH Fontainebleau (FRA) CEI2* (120km) 16.05 km/h 39. Rang
09.2012 Partiba CH Madine (FRA) CEI2* (130km) 16.03 km/h 18. Rang
05.2012 Partiba CH Aristau (SUI) CEI1* (90km) 15.72 km/h 6. Rang